Eilbeschluss zur Landesgartenschau gestattet das Fällen von Bäumen, nicht jedoch eine Kreditaufnahme.

28.04.2012

 

Zu: VG Gießen, Urteil vom 21.02.2012 - AZ.: 8 L 204/12.GI

 

Das VG Gießen hatte über zwei Fragestellungen des gegen die Landesgartenschau 2014 gerichteten Bürgerbegehrens zu entscheiden.

Die Verantwortlichen für das Bürgerbegehren zur Verhinderung von Baumfällungen und Kreditaufnahmen zur Durchführung der Landesgartenschau 2014 in Gießen und die Stadtverordnete Koch-Michel richteten ihren Eilantrag auf die vorläufige Sicherung der zur Abstimmung in einem Bürgerentscheid gestellten Maßnahmen.

Das VG Gießen hat dem Antrag teilweise stattgegeben und der Stadt bis auf weiteres die Aufnahme von Krediten und die Stellung von Sicherheiten für Projekte im Rahmen der Landesgartenschau 2014 untersagt. Abgelehnt hat das Verwaltungsgericht dagegen, der Stadt auch die Durchführung der im Zusammenhang mit der Landesgartenschau stehenden Baumfällarbeiten in der Wieseckaue und die dort geplanten Veränderungen an den Gewässerufern zu untersagen.

Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass das Bürgerbegehren nur zum Teil zulässig ist, nämlich soweit es darauf gerichtet ist, der Stadt Gießen die Aufnahme neuer Darlehen und die Stellung von weiteren Sicherheiten für die Landesgartenschau zu verwehren. Maßgeblich für die Entscheidung des Eilantrages war letztlich allein die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, die das Verwaltungsgericht anhand umfangreicher Unterlagen geprüft hat. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Frage, ob es bereits einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Gießen gegeben hatte, der sich mit einer der beiden Fragen des Bürgerbegehrens befasst hatte. Denn ein sogenanntes kassatorisches, also auf Aufhebung eines entgegenstehenden Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung gerichtetes Bürgerbegehren sei nur innerhalb von acht Wochen seit Beschlussfassung zulässig.

Teil 1 des Bürgerbegehrens scheitere nun an dieser Regelung, denn nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hatte die Stadtverordnetenversammlung am 01.09.2011 einen Plan genehmigt, der die Durchführung der in der Wieseckaue im Uferbereich der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen – Palmen-Café und Brücken – betrifft und damit auch die in diesem Zusammenhang durchzuführenden Maßnahmen an den Gewässerufern. Zwar hat das Verwaltungsgericht weder der Beschlussfassung vom 01.09.2011 noch den weiteren vorgelegten Unterlagen einen Beschluss zu den beabsichtigten Baumfällungen entnehmen können. Da das Bürgerbegehren in Teil 1 aber die Frage der Erhaltung der Gewässerufer und der Baumfällungen untrennbar miteinander verknüpft habe, sei Teil 1 des Bürgerbegehrens insgesamt unzulässig.

Teil 2 des Bürgerbegehrens ist dagegen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig. Weder stehe dem Begehren ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung entgegen noch betreffe dieser Teil die Haushaltssatzung. Letztere darf nämlich nach § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGO nicht Gegenstand eines Bürgerentscheides sein. Da aber die Haushaltssatzung nach den Vorgaben der HGO nur den Gesamtbetrag der möglichen Kreditaufnahme enthalte, betreffe die Fragestellung des Bürgerbegehrens die Haushaltssatzung nicht. Aus den vorgelegten Unterlagen ergab sich für das Verwaltungsgericht kein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über eine Finanzierung der Landesgartenschau durch Aufnahme von Krediten. Insbesondere ein von der Stadt ins Feld geführter Beschluss vom 12.05.2010, mit dem der Gesamtkostenplan zur Landesgartenschau 2014 mit Investitionen im Bereich "Wieseckaue", im Bereich "Lahnaue" und "Korridore" in Höhe von ca. 21,4 Mio. Euro und die Kosten für den Durchführungshaushalt sowie die "internen Kosten" zur Kenntnis genommen und die Investitionskosten zur Landesgartenschau 2014 als gedeckeltes Budget in einem maximalen Volumen von 21,4 Millionen Euro festgelegt wurden, enthalte keine Vorgaben zur konkreten Finanzierung der beschlossenen Investitionen und Maßnahmen, so dass ein Bürgerentscheid zum Verbot einer weiteren Kreditaufnahme für Maßnahmen der Landesgartenschau zulässig sei.

Da die beiden Fragestellungen des Bürgerbegehrens isoliert betrachtet werden könnten und nicht untrennbar verknüpft seien, sei das Bürgerbegehren auch nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich der ersten Fragestellung unzulässig.