Geänderte Verhältnisse im Plangebiet können einer Heilung des Ausfertigungsmangels eines Bebauungsplans entgegenstehen

01.01.2012

Geänderte Verhältnisse im Plangebiet können einer Heilung des Ausfertigungsmangels eines Bebauungsplans entgegenstehen

Zu: VG Koblenz, Urteil vom 17.11.2011 - 1 K 377/11.KO.

Eine Werbeanlage in Hachenburg darf errichtet werden, obwohl die Stadt in dem Bebauungsplan "Auf dem Gleichen I" und der Gestaltungssatzung über die Zulässigkeit von Werbeanlagen und Warenautomaten (Werbeanlagensatzung) entgegenstehende Regelungen getroffen hat. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17.11.2011 sind beide Satzungen unwirksam. Ein Ausfertigungsmangel des Bebauungsplans aus dem Jahr 1987 konnte nach Auffassung des Gerichts trotz erneuter Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung nicht geheilt werden.

Ein Unternehmen, das Grundstücke anmietet, um auf ihnen für seine Werbekunden Werbeanlagen zu errichten, beantragte bei der Verbandsgemeinde Hachenburg die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Plakatanschlagtafel im Bereich der Koblenzer Straße in Hachenburg. Der Standort befindet sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "Auf dem Gleichen I" außerhalb der Fläche, die überbaut werden darf, sowie im Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung der Stadt, wonach Werbeanlagen nur an der Stätte der Leistung zulässig sind, im Übrigen aber Fremdwerbung ausgeschlossen ist. Die Verbandsgemeinde Hachenburg versagte die Baugenehmigung. Hiergegen legte das Unternehmen Widerspruch ein und erhob nach einiger Zeit Untätigkeitsklage.

Die Klage hatte Erfolg. Das Unternehmen habe Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung, so das Gericht. Der geplanten Werbeanlage stehe der Bebauungsplan "Auf dem Gleichen I" nicht entgegen, da dieser wegen eines Ausfertigungsmangels im Jahre 1987 unwirksam sei. Dieser Mangel sei nicht geheilt worden, auch wenn der Stadtbürgermeister den Bebauungsplan im August 2011 nochmals ausgefertigt habe und der Plan ? mit Rückwirkung zum 20.11.1987 ? erneut öffentlich bekannt gemacht worden sei. Zwar sei eine solche Fehlerbehebung grundsätzlich möglich. Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn das ursprüngliche Abwägungsergebnis aufgrund nachträglicher Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse im Plangebiet unhaltbar geworden sei. Ein solcher Fall liege hier vor.

Auf einer im Plan als Mischgebiet festgesetzten Fläche habe sich ein großes Transportunternehmen angesiedelt, das die örtliche Situation mitpräge, aber in einem Mischgebiet nicht zulässig sei. Von daher hätte vor der Ausfertigung eine erneute Abwägung zur Konfliktbewältigung durch den Stadtrat stattfinden müssen, um die nachträgliche Entwicklung im Plangebiet angemessen zu berücksichtigen.

Eine Versagung der beantragten Genehmigung komme auch nicht wegen der Werbeanlagensatzung der Stadt Hachenburg in Betracht. Diese Satzung sei nichtig. Sie lasse keine bestimmte gestalterische Absicht bezogen auf die einzelnen Straßenzüge der Stadt erkennen. Der Stadtrat wolle zudem Fremdwerbung im gesamten Stadtgebiet generell verhindern. Angesichts dieser Umstände beschränke die Satzung in unzulässiger Weise das Eigentumsgrundrecht. Da in der Nachbarschaft des vorgesehenen Standorts zahlreiche Gewerbebetriebe anzutreffen seien, füge sich die Anlage auch in die nähere Umgebung ein.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 7. Dezember 2011.