Bei einem unwirksamen Werkvertrag schuldet der Auftraggeber die übliche Vergütung für erbrachte Leistungen

01.01.2012

Bei einem unwirksamen Werkvertrag schuldet der Auftraggeber die übliche Vergütung für erbrachte Leistungen

Zu: OLG München, Urteil vom 12.04.2011 - 9 U 4323/09

Beim Werkvertrag gehört zumindest die Bestimmung der vom Unternehmer zu erbringenden Leistung zu den wesentlichen Vertragsbestandteilen. Lässt sich den schriftlichen Vertragsgrundlagen nicht entnehmen, zu welcher Leistung der Unternehmer verpflichtet werden soll, ist der Vertrag infolge inhaltlicher Unbestimmtheit unwirksam. Vollziehen die Parteien den Vertrag kann der Unternehmer die übliche Vergütung verlangen.

Der Werkunternehmer sollte Baureinigungsarbeiten an einem Bauvorhaben durchführen. Das schriftliche Angebot enthielt Leistungen und Preise gegliedert nach den verschiedenen Bereichen des Bauvorhabens, z. B. "Baureinigung zur Vorabnahme (...) pro qm und Ausführung 0,510 Euro/netto". Nach Unterzeichnung einer "Absummierung" trafen sich die Parteien auf der Baustelle und erstellten ein Verhandlungsprotokoll. In diesem wurde das Angebot des Unternehmers zur Vertragsgrundlage gemacht und ein Angebotspreis von 38.500 Euro netto eingetragen. Im schließlich erteilten Auftrag, in dem die "Auftragsgrundlagen entsprechend dem ... Verhandlungsprotokoll" in Bezug genommen wurden, heißt es sodann: "Pos. 1 Leistung Baureinigung Einheit Pauschal Menge 1EP 38.500 Euro gesamt 38.500 Euro ...". In der Folgezeit führte der Werkunternehmer nach Absprache mit den örtlichen Bauleitern fortlaufend Baureinigungsmaßnahmen durch und verlangt hierfür über 800.000 Euro. Der Auftraggeber meint, er schulde nur den Pauschalpreis von 38.500 Euro. Dem ist das Landgericht gefolgt und hat die Klage im Hinblick auf eine Aufrechnungserklärung abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Unternehmer die Forderung weiter.

Das OLG München gab der Klage teilweise Statt. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur üblichen Vergütung ein hat das OLG ein Grundurteil erlassen und verweist den Rechtsstreit wegen der Höhe an das Landgericht zurück. Das OLG hält den Vertrag mangels eindeutiger Bestimmung des Leistungsinhalts und des zu zahlenden Preises für unwirksam. So werde schon nicht deutlich, ob der angegebene Preis für jede Baureinigung zu zahlen sei oder nur einmalig. Da aber die Parteien den Vertrag durchgeführt haben, stehe dem Werkunternehmer nach Bereicherungsrecht die für die geleisteten Arbeiten übliche Vergütung zu. Dasselbe Ergebnis - so das OLG - ergebe sich bei Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Entscheidung befindet sich in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung zur Vergütung vertragslos erbrachter Werkleistungen (BGH, Urteil vom 26.04.2001 - VII ZR 222/99). Gleichwohl zeigt sie einmal mehr, wie wichtig es - für beide Vertragsparteien - ist, den Gegenstand der vertraglichen Leistung eindeutig und bestimmt festzulegen. So kann es für die Kalkulation des Auftraggebers von entscheidender Bedeutung sein, ob die abgeforderte Leistung mit vermeintlich günstig vereinbarten Preisen oder der unter Umständen höheren üblichen Vergütung zu bezahlen ist. Auch für den Auftragnehmer ist der Rückgriff auf die übliche Vergütung oder die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) keine "sichere Bank". So ist es im Einzelfall durchaus vertretbar, als Bereicherung nur die Wertsteigerung des Grundstücks des Auftraggebers anzunehmen (vgl. BGH, a.a.O.). Insoweit - insbesondere auch für die GoA - wird der Grundsatz der üblichen Vergütung mit guten Gründen in Zweifel gezogen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Quelle: ibr-online-Newsletter 14/2011