BVerwG: Rügebefugnis von Umweltverbänden umfasst objektive Umweltvorschriften

01.01.2012

BVerwG: Rügebefugnis von Umweltverbänden umfasst objektive Umweltvorschriften

Zu: BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 7 C 21.09.

Die Rügebefugnis von Umweltverbänden nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz erfasst nicht nur drittschützende, sondern auch objektive Vorschriften des Umweltrechts. Dies stellt das Bundesverwaltungsgericht unter Verweis auf Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs in dem Rechtsstreit über die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Verbrennungsanlage für Ersatzbrennstoffe/Sekundärbrennstoffe im Industriepark Frankfurt/Höchst klar.

Die im Streit stehende Verbrennungsanlage dient der Erzeugung von Strom und Dampf zur Versorgung des Industrieparks. Die Durchsatzmenge beträgt 700.000 Tonnen pro Jahr. Der Kläger, der hessische Landesverband des BUND, befürchtet unter anderem eine Schädigung der in der Nähe des Industrieparks liegenden FFH-Gebiete Schwanheimer Düne und Schwanheimer Wald.

Der VGH hat die vom Kläger geltend gemachten Verstöße gegen objektive Normen des Umweltrechts, insbesondere die naturschutzrechtlichen Bestimmungen zur FFH-Verträglichkeit, nicht untersucht, weil er der Auffassung war, dass die Rügebefugnis der Umweltverbände nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz sich nur auf drittschützende Vorschriften des Umweltrechts erstreckt. Diese Annahme verstößt laut BVerwG gegen revisibles Recht. Eine solche Einschränkung der Rügebefugnis von Umweltverbänden sei nach der Rechtsprechung des EuGH mit Unionsrecht, namentlich Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG, nicht vereinbar.

Das BVerwG kann, weil der VGH zu den geltend gemachten Verstößen gegen nicht drittschützende Vorschriften des Umweltrechts von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig keine Tatsachenfeststellungen getroffen hat, keine abschließende Entscheidung treffen. Dies nötigt zur Zurückverweisung, damit der VGH die unterbliebene Rechtsprüfung nachholen kann.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Quelle: Beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 30.09.2011