Die zeitliche Beschränkung der staatlichen Förderung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf ehemaligen Ackerflächen ist verfassungsgemäß

01.01.2012

Die zeitliche Beschränkung der staatlichen Förderung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf ehemaligen Ackerflächen ist verfassungsgemäß

Zu: BVerfG, Urteil vom 23.09.2010 - 1 BvQ 28/10

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Gesetzgeber die staatliche Förderung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf ehemaligen Ackerflächen in § 32 EEG beschränken durfte. Eine Aussetzung des Vollzugs der 2010 neugefassten Vorschrift wurde damit abgelehnt. Die Betroffenen seien durch die Neuregelung nicht unangemessen belastet. Auch diene die Vorschrift dem legitimen Ziel, den künftigen Verbrauch von Freiflächen für Photovoltaikanlagen zum Schutz von Natur und Landschaft und zu Gunsten der Nahrungs- und Futtermittelproduktion effektiv zu begrenzen.

Netzbetreiber sind nach dem Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG) verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und in bestimmter Höhe zu vergüten. Dadurch wird die Erzeugung von Strom aus Solarstromanlagen von Seiten des Staates gefördert. Die Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie richtet sich nach § 32 EEG. Nach der bis zum 30.6.2010 geltenden Fassung bestand für Strom aus Solarstromanlagen auf früheren Ackerflächen eine Vergütungspflicht, wenn die Anlage vor dem 01.01.2015 errichtet worden war und sich auf Grünflächen befand, welche zur Errichtung dieser Anlage im Bebauungsplan ausgewiesen waren. Durch das Erste Gesetz zur Änderung des EEG vom 11.08.2010 wurde diese Förderung zu Gunsten der Nutzung von Ackerflächen zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion zeitlich beschränkt. Die Neuregelung des § 32 EEG sieht eine Vergütungspflicht für Strom aus solarer Strahlungsenergie auf früheren Ackerflächen nur noch vor, wenn diese Flächen zu Errichtung einer solchen Anlage in einem vor dem 25.03.2010 beschlossenen Bebauungsplan ausgewiesen sind und die Anlage vor dem 01.01.2011 in Betrieb genommen wurde.

Antragstellerin ist ein im Bereich der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie tätiges Unternehmen. Sie begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs der Neufassung des § 32 EEG und macht geltend, die Neufassung Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes in Verbindung mit ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit beziehungsweise der allgemeinen Handlungsfreiheit. Die Gesetzesänderung bewirke, dass 24 von der Antragstellerin begonnene Projekte für Solarparks auf früheren Ackerflächen nicht abgeschlossen werden können, da die Übergangsfristen nicht eingehalten werden könnten.

Das Bundesverfassungsgericht verneint einen Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde abgelehnt, weil eine von der Antragstellerin noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde auf der Grundlage ihres bisherigen Vorbringens offensichtlich unbegründet wäre. Der mit der Neuregelung einhergehende Eingriff in die Berufs- oder allgemeine Handlungsfreiheit der Antragstellerin verstoße nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Laut Bundesverfassungsgericht gilt dies selbst dann, wenn die Neufassung des § 32 EEG für die Antragstellerin im Hinblick auf von ihr auf ehemaligen, aber bis zum 25.3.2010 noch nicht durch Bebauungsplan dafür ausgewiesenen Ackerflächen geplanten Anlagen unechte Rückwirkung entfalten würde.

Unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Die Grenzen ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit seien erst überschritten, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Dagegen sei die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, nicht verfassungsrechtlich geschützt.

Der verfassungsrechtlich gewährleistete Vertrauensschutz stünde der von der Antragstellerin beanstandeten Neuregelung nicht entgegen. Die Investitionen in Projekte auf ehemaligen Ackerflächen, für welche zum 25.03.2010 noch nicht die bauplanungsrechtlichen Grundlagen geschaffen worden seien, beruht auf einer ungesicherten Vertrauensgrundlage, da der Beschluss über die Aufstellung beziehungsweise Änderung des Bebauungsplans noch nicht ausgestanden habe. Die Förderung durch die Vergütungspflicht sei auch nach der bisherigen Regelung von der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans abhängig gewesen. Eine verlässliche Grundlage für Investitionen sei erst mit dem Beschluss des Bebauungsplans vorhanden.

Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung seien der Maßstab bei der Aufstellung und Änderung eines Bebauungsplans. Nicht dagegen die Interessen Einzelner an der baulichen Nutzbarkeit von Grundstücken. Ein Anspruch auf die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans bestehe daher nicht. Der Bebauungsplan wird von der Gemeinde unter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander beschlossen. Dies könne dazu führen, dass ein Bebauungsplan für ein von einem Investor ins Auge gefasstes Vorhaben gerade auch angesichts vorrangiger naturschutzrechtlicher oder landwirtschaftlicher Belange nicht aufgestellt werde. Potentielle Investoren seien somit in einer unter Vertrauensschutzgesichtspunkten ohnehin ungesicherten Situation betroffen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht