Die kommerzielle Veranstaltung türkischer Hochzeitsfeste ist nicht in jedem Gewerbegebiet zulässig

01.01.2012

Die kommerzielle Veranstaltung türkischer Hochzeitsfeste ist nicht in jedem Gewerbegebiet zulässig

Zu: VG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2010 - 5 K 3274/09

Im bauplanungsrechtlichen Sinne kann eine Vergnügungsstätte vorliegen, wenn eine rund 800 m² große Veranstaltungshalle mit Platz für 985 Personen, eine angeschlossenen Cafeteria sowie 160 Stellplätzen regelmäßig an jedem Wochenende zur Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 700 Gästen aus einem überörtlichen Einzugsbereich bei einem Unterhaltungsprogramm und mehrstündigem Abspielen von Musik in erheblicher Lautstärke auch in den Abendstunden gewerblich betrieben wird und die Anfahrt der Besucher am Nachmittag und deren Abfahrt in der Nacht einen Zeitraum von etwa 2 Stunden einnimmt. Zu diesem Schluss kam das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Fall, in welchem es um die kommerzielle Veranstaltung von türkischen Hochzeiten ging. Da der Bebauungsplan in dem betreffenden Gewerbegebiet die Zulassung von Vergnügungsstätten ausschloss, bestätigte das Gericht die Aufhebung der beantragten Baugenehmigung für die Räumlichkeiten zur Abhaltung der Feierlichkeiten.

Im vorliegenden Fall ging es um die Aufhebung einer Baugenehmigung für die Umnutzung einer Halle im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens. Das betroffene Grundstück liegt in Wiesloch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, welcher ein Gewerbegebiet festsetzt. In dem Bebauungsplan ist die an sich ausnahmsweise mögliche Zulassung von Vergnügungsstätten ausgeschlossen. Der Kläger stellte bei der beklagten Stadt einen Bauantrag für den Ausbau und die Umnutzung der vorhandenen Hallengebäude zu Veranstaltungsstätten und für die Herstellung von 160 Stellplätzen, um die Halle nebst Cafeteria für Messeveranstaltungen, Vortragsveranstaltungen und Gastgewerbe nutzen zu können. Zielgruppen seien Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften und private Veranstaltungen. Die Gesamtnutzfläche des Gebäudes beträgt fast 1.700 m². Davon nimmt alleine der Veranstaltungsraum 789 m² ein. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens stellte sich heraus, dass die Räumlichkeiten vor allem an Wochenenden von großen, insbesondere türkischen Hochzeitsgesellschaften mit durchschnittlich 700 Gästen und mehrstündigen Musikdarbietungen (Halleninnenpegel 90 dB(A)) genutzt werden sollten. Auf einem Nachbarwiderspruch hin wurde die bereits erteilte Nutzungsänderungsbaugenehmigung aufgehoben.

Vor dem Verwaltungsgericht blieb die hiergegen gerichtete Klage erfolglos. Die angestrebte Nutzungsänderung des Hallengebäudes wurde vom Verwaltungsgericht in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als Betrieb einer Vergnügungsstätte gewertet. Ausschlaggebend dafür waren insbesondere die städtebaulich negativen Auswirkungen, welche mit der geplanten Nutzung einhergehen, wie insbesondere der Lärm, der von der beabsichtigten Nutzung der Gebäude unter Musikdarbietungen, von den feiernden Gästen, sowie von den zu erwartenden zweistündigen An- und Abfahrtsverkehr der Teilnehmer ausgehen wird. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans lägen nach Ansicht des Gerichtes nicht vor, da anderenfalls das planerische Leitbild der Gemeinde angetastet würde.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht