Angebote mit offenkundiger Mischkalkulation sind bei der Vergabe auszuschließen

01.01.2012

Angebote mit offenkundiger Mischkalkulation sind bei der Vergabe auszuschließen

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit einem Hinweisbeschluss vom 18.07.2007 (Az.: 1 U 970/07 entschieden, dass ein Bieter, der Unrichtigkeiten des Leistungsverzeichnisses erkennt und bei seiner Preisgestaltung nutzt, unzuverlässig ist. Weiter hat das Gericht entschieden, dass ein Angebot mit offenkundiger Mischkalkulation bei der Wertung auszuschließen ist und ein Architekt, der ein ersichtlich mischkalkuliertes Angebot nicht ausschließt, in Höhe des Unterschiedsbetrags haftet, um den der nächstfolgende Bieter günstiger abgerechnet hätte.

Ausgeschrieben wurde im zu entscheidenden Fall den Abtrag und das Andecken vom Oberboden aus. Der Abtrag war mit 780 cbm, das Andecken irrtümlich nur mit 350 cbm angegeben. Ein Bieter bot das Abtragen zu einem Einheitspreis von 0,05 DM/cbm, das Andecken der 350 cbm für einen Einheitspreis von 22,56 DM7cbm an. Eine weitere Abtragsposition von 710 cbm bot sie für 0,09 DM/cbm an. Von einem Mitbieter wurden die gleichen Positionen für realistische 7,57 DM/cbm (Abtrag) und 10,88 DM/cbm (Andeckung) angeboten. Für die genannten 710 cbm verlangte der Mitbieter 9,95 DM/cbm. Der erste Bieter war auf Grund der Preisgestaltung in den genannten Positionen und insgesamt günstiger als der Mitbieter und erhielt daraufhin den Zuschlag. Nach der Durchführung stelle der Bauherr anhand der tatsächlich abgerechneten Mengen fest, dass der Mitbieter insgesamt um rund 129.000 Euro günstiger abgerechnet hätte als der Bieter, der den Zuschlag bekommen hatte. Wegen des Mengenfehlers bei der Ausschreibung und des unterbliebenen Hinweises auf die Mischkalkulation nahm der Bauherr den Architekten in Regress.

Unter den geschilderten Umständen hatte das Oberlandesgericht Nürnberg keinen Zweifel, dass der Bieter den Mengenfehler des beklagten Architekten bei der Ausschreibung erkannte und die Gestaltung ihrer Einheitspreise allein daran orientierte. Die Positionen, die mit 780 cbm Abtrag und 350 cbm Andeckung ausgeschrieben waren, wurden beide in der Tat mit 813 cbm abgerechnet. Die Position, die mit 710 cbm ausgeschrieben war, fiel lediglich mit knapp 179 cbm an. Wegen dessen Preisgestaltung stufte das Gericht den Bieter als unzuverlässig ein, weshalb er hätte ausgeschlossen werden können. Darüber hinaus war der Bieter auszuschließen, weil die Preise offenkundig auf einer Mischkalkulation beruhten. Als tatsächliches Entgelt waren die Pfennigpreise für die ausgewiesene Leistung nicht ausreichend. Der sehr hohe Einheitspreis von 22,56 DM/cbm enthielt offenkundig einen Entgeltanteil aus der Abtragsposition, zumal bei beiden Positionen mit einem gleichen Mengenanfall gerechnet werden konnten. Der Mangel der Architekturleistung lag darin, dass sich der Architekt nicht gegen die Vergabe an den mischkalkulierenden Bieter ausgesprochen hatte.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht