Führt ein Architekt die Bauüberwachung selbst durch, scheidet ein Organisationsverschulden bei auftretenden Mängeln aus

01.01.2012

Führt ein Architekt die Bauüberwachung selbst durch, scheidet ein Organisationsverschulden bei auftretenden Mängeln aus

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 30.10.2007 (Az.: 21 U 57/07) die Frage geklärt, ob ein Architekt wegen Verletzung der Überwachungspflicht haftet, wenn ein Mangel am Bauwerk durch eine unzureichende Betonüberdeckung aufgetreten ist. Dabei würde ein Organisationsverschulden eine arbeitsteilige Vorgehensweise voraussetzten. Hieran fehlt es, wenn ein beauftragter Architekt die Bauüberwachung selbst durchführt. Für arglistiges Verschweigen kann es ausreichen, wenn der Architekt weiß, dass er seine Überwachungsaufgabe nicht ordnungsgemäß ausgeführt hat, er deshalb mit dem Bestehen eines wesentlichen Ausführungsfehlers rechnen muss und den Auftraggeber hierüber im Unklaren lässt. Um den Nachweis zu führen, dass er seiner Überwachungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, kann der beklagte Architekt Protokolle über Bewehrungsabnahmen vorlegen.

1990 erstellte die Bauträgerin Mehrfamilienhäuser in Solingen. Die beklagten Architekten waren mit der Vollarchitektur einschließlich Bauüberwachung und Tragwerksplanung beauftragt. Zudem wurden die beiden Architekten von der Stadt Solingen mit der Bewehrungskontrolle beauftragt. Die Eigentümer stellten im Jahr 2002 Schäden an den Sichtbetonflächen fest. Die Betonüberdeckung war unzureichend. Von den Eigentümern wurde die Bauträgerin aus Organisationsverschulden in Anspruch genommen und verurteilt. Von den Architekten verlangt sie nunmehr die Zahlung in Höhe von rund 52.500 Euro.

Das Oberlandesgericht wies die Klage jedoch ab. Ist zwar unstreitig, dass die Bewehrung der Sichtbetonflächen nicht ausreichend mit Beton überdeckt sind. Etwaige Ansprüche gegen die Architekten sind jedoch verjährt. Ein Organisationsverschulden liegt ebenfalls nicht vor. Die Grundsätze des Organisationsverschuldens sind nicht anwendbar, da die Architekten die Abstandhalter für den Betoniervorgang selbst und nicht durch Mitarbeiter kontrolliert haben. Des Weiteren liegt auch kein arglistiges Verschweigen des Mangels vor. Aus dem Schadensbild kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Architekten ihren Überwachungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sind. Vielmehr ist die unzureichende Betonüberdeckung darauf zurückzuführen, dass vereinzelte Abstandshalter beim Betonieren durch Unachtsamkeit heruntergetreten worden sind. Die Architekten können zudem über die Protokolle, die anlässlich der Bewehrungsabnahme angefertigt worden sind, den Nachweis regelmäßiger Kontrollen führen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht