Ein Abgeordneter kann nicht generell Ersatz aller Fahrtkosten verlangen

01.01.2012

Ein Abgeordneter kann nicht generell Ersatz aller Fahrtkosten verlangen

Am 02.07.2008 (Az.: 7 E 4374/07 V) hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main entschieden, dass ein Abgeordneter nicht generell Ersatz alle Fahrkosten, die in irgendeinem zeitlichen oder funktionalen Zusammenhang mit dem Mandat als Kreisabgeordneter stehen, verlangen kann.

Der Kläger ist Abgeordneter des Kreistages des beklagten Kreises und parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Kreisfraktion. Er beantragte die Erstattung diverser Fahrkosten, die ihm im Zeitraum vom 21.04.2006 bis 30.12.2006 tatsächlich entstanden sind. Der Kläger erhob Widerspruch, nach dem ihm ein ablehnender Bescheid zugegangen war. Dem Begehren des Klägers wurde seitens des Beklagten teilweise entsprochen. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, der Kläger könne keine Fahrkosten für die Teilnahme an der Eröffnung der Wächtersbacher Messe am 20.05.2006 geltend machen, da es sich dabei um keine mandatsbedingte Reise gehandelt habe. Zwischen der Veranstaltung und der Tätigkeit als Kreistagsabgeordneter fehle es am inneren und unmittelbaren Zusammenhang. Weiter fehle es bezüglich des Fraktionsfests der FDP-Fraktion am 02.09.2006 an einem konkreten Bezug zu einer Kreistagssitzung. Bei der Teilnahme an dem 50-jährigen Firmenjubiläum der Firma REWO am 08.09.2006 fehle es an einer mandatsbedingten Reise. Darüber hinaus sei auch die Teilnahme an der Fraktionsklausur der FDP-Fraktion in Ingelfingen nicht erstattungsfähig, da die hohen Fahrtkosten dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung widersprächen. Die Teilnahme an dem Arbeitsgespräch mit dem zuständigen Probst der evangelischen Landeskirche sei ebenfalls nicht mandatsbedingt.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und vorgebracht, dass die gestaltende Mitwirkung in einem Kommunalparlament nicht ausschließlich auf Sitzungen im engeren Sinne beschränkt sei. Dem entsprechend erfasse der Fahrtkostenersatz alle Termine, die einen unmittelbaren Bezug zur Stellung des Klägers aufweisen. Auch die Kosten für die Veranstaltung der Öffentlichkeitsarbeit seien zu erstatten. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Frankfurt/Main abgewiesen.

Das Gericht kam zu der Auffassung, dass ehrenamtliche Kreistagsabgeordnete grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz ihrer tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Kosten auf der Grundlage von § 28 Abs. 2 Satz 1 HKO i.V.m. § 17 Abs. 2 HGO gelten machen könnten. Dabei handele es sich nicht um eine Entschädigung. Sinn und Zweck der Regelung sei vielmehr, dass verhindert werden soll, ehrenamtlich Tätige zusätzlich zu ihrer zeitlichen Inanspruchnahme ? neben ihrem Beruf ? durch die Übernahme und Ausübung der Tätigkeit noch finanzielle Opfer aufzubürden. Die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Fahrtkosten seien solche, die in dem notwendigen Umfang durch Hin- und Rückfahrten zu Veranstaltungen verursacht worden sind, an denen teilzunehmen zu den Obliegenheiten eines ehrenamtlich Tätigen gehört. Es ergebe sich aus § 27 Abs. 2 HGO jedoch kein genereller Anspruch auf Erstattung jeglicher Fahrtkosten, die in irgendeinem zeitlichen oder funktionalen Zusammenhang mit dem Mandat als Kreistagsabgeordneter stünden. Vielmehr sei es Voraussetzung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Mandat eines Kreistagsabgeordneteten und der damit zusammenhängenden Fraktionstätigkeit besteht.

Darüber hinaus schränken der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung, das Gebot der Rücksichtnahme auf das Gemeinwohl sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Anspruch auf Kostenerstattung ein. Grundsätzlichen fielen Tätigkeiten, denen der ehrenamtlich Tätige zwar in seiner Funktion als Kreistagsabgeordneter beiwohnt, aber seine Anwesenheit nicht der Erfüllung einer Obliegenheit eines Kreistagsabgeordneten dient, nicht hierunter.
Die Teilnahme an der Eröffnung der Wächtersbacher Messe stelle weder eine Sitzung des Kreistages dar, noch habe für den Kläger eine Obliegenheit bestanden, an dieser Eröffnung teilzunehmen. Insbesondere sei die Teilnahme nicht zur politischen Entscheidungsfindung erforderlich gewesen. Es sei bei der Teilnahme vielmehr um Öffentlichkeitsarbeit und die Pflege des direkten Kontaktes zu den Bürgen gegangen. Diese Aufgaben gehörten nicht zu den unmittelbaren Pflichten eines Kreistagsabgeordneten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten zu dem Fraktionsfest der FDP-Fraktion am 02.09.2006, da es sich hierbei offensichtlich nicht um eine Fraktionssitzung gehandelt hat. Nach dem Vortrag des Klägers habe das Fraktionsfest nicht zur Willensbildung gedient, sondern zur allgemeinen Darstellung der Fraktionsarbeit nach außen. Ebenfalls nicht erstattungsfähig sei die Teilnahme an der Veranstaltung "50 Jahre Firma REWO" am 08.09.2006, die der Kläger auf Einladung der FDP Fraktion wahrgenommen hat. Es komme nicht darauf an, ob die Teilnahme an dieser Veranstaltung geboten gewesen ist, da der Kläger an der Veranstaltung als Fraktionsmitglied und nicht in seiner Funktion als Kreistagsabgeordneter teilgenommen hat. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten für die Teilnahme an der Fraktionsklausur am 20./21.10.2006 in Baden-Württemberg, da die Entschädigungssatzung des Beklagten ausdrücklich die Erstattung von Fahrtkosten für Tätigkeiten außerhalb des Kreisgebietes nur vorsieht, wenn die Reise genehmigt worden ist. Vor dem Antritt der Reise zur Fraktionsklausur habe der Kläger jedoch kein Einverständnis des Beklagten eingeholt. Die Versagung der nachträglichen Genehmigung sei nicht rechtswidrig. Für die Veranstaltung der Fraktionsklausur außerhalb des Kreisgebietes habe der Kläger keine konkrete Notwendigkeit vorgetragen. Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung hinsichtlich des Arbeitsgesprächs mit einem Mitglied der Leitung der Landeskirche, dem zuständigen Probst, am 17.11.2006 in Hanau, da es sich hierbei ebenfalls nicht um eine Fraktionssitzung gehandelt hat.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht