"Biblis-Auflage" ist wegen Unbestimmtheit teilweise rechtswidrig

01.01.2012

"Biblis-Auflage" ist wegen Unbestimmtheit teilweise rechtswidrig

Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.07.2008 ist die so genannte "Biblis-Auflage" weitgehend wegen Unbestimmtheit rechtswidrig. Ausgenommen ist lediglich die in der Auflage enthaltene Informations- und Meldepflicht der Betreiberin. Die zuständige Landesbehörde hatte mit der streitigen nachträglichen Auflage auf Weisung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der Betreiberin des Kernkraftwerkes Philippsburg aufgegeben, bei nicht offensichtlich unbedeutender Nichteinhaltung von Grenzwerten, Maßen oder anderen spezifizierten sicherheitstechnischen Anforderungen zur Störfallbeherrschung den Leistungsbetrieb von sich aus unverzüglich einzustellen.

Der Leistungsbetrieb sollte auch dann eingestellt werden, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung gescheitert sei, es sei denn, diese sei zweifelsfrei nur geringfügig beeinträchtigt. Des Weiteren war angeordnet worden, dass die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren sei, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung in Frage gestellt sein könnte.

Auf Weisung des Bundesumweltministeriums war eine gleichlautende nachträgliche Auflage erstmals für das Kernkraftwerk Biblis angeordnet worden. Ein Klageverfahren ist insoweit noch beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof anhängig. Es ist beabsichtigt, vergleichbare Anordnungen für alle Atomkraftwerke im Bundesgebiet zu erlassen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei die Auflage zu unbestimmt und deshalb insgesamt aufzuheben.

Dieser Auffassung hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen, soweit in der Auflage die Pflicht zur sofortigen Betriebseinstellung angeordnet wird. In beiden Fällen könne die Betreiberin nicht hinreichend deutlich erkennen, wann und unter welchen Voraussetzungen diese Pflicht ausgelöst werde. Insbesondere wurde vom Bundesverwaltungsgericht beanstandet, dass das Verhältnis der angeordneten Betriebseinstellung zu den zahlreichen Auflagen in der Genehmigung und den darin enthaltenen differenzierten Reaktionen auf die Nichteinhaltung von Grenzwerten und anderen Kontrolldaten unklar sei. Soweit in der streitigen Auflage unabhängig von der Schwere der Überschreitung und der Bedeutung des nicht eingehaltenen Kontrollwerts für die Sicherheit pauschal die sofortige Einstellung des Leistungsbetriebs verfügt werde, verstoße sie darüber hinaus gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt hingegen die angeordnete Melde- und Informationspflicht für hinreichend bestimmt. Die Klage wurde insoweit abgewiesen. Der Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Pflicht zur Information greife ein, wenn gesicherte naturwissenschaftlich-technische Erkenntnisse bei der Betreiberin Zweifel an dem Nachweis der Störfallbeherrschung weckten. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sind solche die Informationspflicht auslösenden Zweifel für die Betreiberin ohne weiteres erkennbar, wenn sie etwa wegen Unklarheiten mit dem Hersteller in Erörterungen eingetreten sei.