Höchstaltersgrenze zur Verbeamtung darf höchstens um sechs Jahre überschritten werden

01.01.2012

Höchstaltersgrenze zur Verbeamtung darf höchstens um sechs Jahre überschritten werden

Mit Urteil vom 14.05.2008 (Az.: 1 K 1932/06) hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass die Höchstaltersgrenze zur Verbeamtung wegen der tatsächlichen Pflege eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen nahen Angehörigen um höchstens sechs Jahre überschritten werden darf. Die durch die Pflege des Angehörigen entstandene Verzögerung muss dabei die entscheidende unmittelbare Ursache dafür gewesen sein, dass der Bewerber nicht schon nach dem 35. Lebensjahr, sondern erst danach in den öffentlichen Dienst eingestellt wurde. Die erhebliche Überschreitung der Regelstudienzeit kann dabei eine vom Bewerber zu vertretene weitere Ursache sein, die zu einer verzögerten Einstellung geführt hat.

Vor der Aufnahme ihres Lehramtstudiums hatte eine Lehrerin ein Jura-Studium begonnen. Im Jahre 1992 übernahm sie die Pflege ihrer kranken Mutter und besuchter infolgedessen keine Lehrveranstaltungen mehr. Nach endgültigem Abbruch des Jura-Studiums, nahm sie zum Wintersemester 1993/1994 ein Lehramtsstudium auf. Die Erste Staatsprüfung bestand sie schließlich im November 2002. Anfang 2006 wurde sie nach Absolvierung des Vorbereitungsdiensts als Lehrerin an einer Hauptschule als Angestellte eingestellt. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis unter Verweis auf die Überschreitung der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren ab. Hiergegen legte die Lehrerin Widerspruch ein und berief sich auf die Ausnahme von der Höchstaltersgrenze für den Fall, dass der Bewerber die Pflege eines nahen Angehörigen übernommen hat.

Die Lehrerin scheiterte, wie bereits im Widerspruchsverfahren, mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Nach Auffassung des Gerichts hat die Lehrerin wegen der Überschreitung der maßgeblichen Höchstaltersgrenze von 35 Jahren nach § 52 Abs. 1 Laufbahnverordnung für Beamtinnen und Beamte im Lande Nordrhein-Westfalen (LVO NW). Der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 1 S. 4 LVO NW greife im vorliegenden Fall nicht ein. Die Höchstaltersgrenze von 35 Jahren darf nach § 6 Abs. 1 S. 4 LVO NW dann um maximal sechs Jahre überschritten werden, wenn die Verzögerung der Einstellung oder Übernahme auf der tatsächlichen Pflege eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen nahen Angehörigen beruht.

Hierbei sei maßgeblich, ob die durch die Pflege des Angehörigen entstandene Verzögerung die entscheidende unmittelbare Ursache dafür gewesen ist, dass der Bewerber nicht schon vor der Vollendung des 35. Lebensjahres in den öffentlichen Dienst eingestellt worden ist. Die Pflegezeit muss dabei kausal für die verzögerte Einstellung gewesen sein. Nach der Zeit der Pflege des Angehörigen dürfen insbesondere nicht andere von dem Bewerber zu vertretene Umstände hinzugekommen sein, die zur Einstellung nach Erreichen des 35. Lebensjahres führten.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist für den vorliegenden Fall zum einen entscheidend, dass die Pflege der Mutter nicht kausal für die verzögerte Einstellung war. Die Pflegebedürftigkeit der Mutter führte vielmehr zunächst nur zum Abbruch des Jura-Studiums. Der Entschluss, das Lehramtstudium aufzunehmen, fiel hingegen erst nach der Pflegezeit. Vorliegend führte jedoch noch ein weiterer Umstand zu einer Einstellung nach Erreichen der Höchstaltersgrenze, denn die Lehrerin hatte die Regelstudienzeit um das Doppelte überschritten. Der Kausalzusammenhang zwischen Pflege und Einstellungsverzögerung wird durch eine solche Überschreitung der Regelstudienzeit unterbrochen, wenn diese nicht ebenfalls auf die Pflege zurückzuführen ist. Im vorliegenden Fall hatte jedoch aus Sicht des Gerichts die Lehrerin diesen Umstand zu vertreten. Sie hatte zwar angegeben, dass die Überschreitung der Regelstudienzeit auf den Umstand zurückzuführen sei, dass die sich ihr Studium durch eigene Arbeit habe finanzieren müssen. Dies rechtfertige laut Verwaltungsgericht jedoch nicht eine derart erhebliche Überschreitung der Regelstudienzeit.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht