Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen sind vorläufig auch von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit

01.01.2012

Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen sind vorläufig auch von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.04.2008 (Az.: 2 BvL 4/05) verletzt § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG das Recht auf Chancengleichheit, soweit Zuwendungen an politische Parteien steuerfrei gestellt sind, Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen und ihrer Dachverbände hingegen nicht. Diese Differenzierung ist nicht durch verfassungsgerichtlich tragfähige Gründe gerechtfertigt. Das Gericht hält es trotz der Unvereinbarkeit des § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG mit dem Grundgesetz aber ausnahmsweise für geboten, bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber die weitere Anwendbarkeit der Norm anzuordnen und die Steuerbefreiung auf kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände auszudehnen.

Dem Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hessen lag der Fall einer kommunalen Wählergemeinschaft zugrunde, die sich dagegen gewandt hatte, für den Erhalt einer Spende über 5.000 DM Schenkungsteuer von 400 DM zu entrichten.

Die unterschiedliche Behandlung von Parteien und kommunalen Wählervereinigungen durch § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG verändert nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgericht die Wettbewerbslage zwischen Parteien und kommunalen Wählervereinigungen in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise. Durch die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG erhielten die Parteien die Möglichkeit, Spendenmittel ungeschmälert für ihre politische Arbeit zu verwenden. Die Mittel, die den Wählervereinigungen zur Finanzierung ihrer politischen Arbeit in den Kommunen zur Verfügung stünden, verminderten sich dagegen um die zu entrichtende Erbschaft- und Schenkungsteuer. Mit mindestens 17 Prozent seien beispielsweise Spenden, die den Steuerfreibetrag von derzeit 5.200 Euro überstiegen, zu versteuern. Zuwendungen eines Geldgebers würden zudem innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren zusammengerechnet. Im Ergebnis führe dies dazu, dass regelmäßige jährliche Spenden von wenige über 500 Euro steuerpflichtig würden.

Auch § 30 ErbStG habe für die Beeinträchtigung des Wettbewerbs Bedeutung. Denn danach sei jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb vom Erwerber, aber auch vom Spender dem Finanzamt anzuzeigen sei. Dabei sind Spenden an politische Parteien von einer Anzeigepflicht nicht betroffen, hingegen jedoch Spenden an kommunale Wählervereinigungen. Eine Anzeigepflicht bestehe auch dann, wenn innerhalb von zehn Jahren die zusammengerechneten Spenden den Freibetrag übersteigen könnten. Die Folge wäre ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand, der von den kommunalen Wählervereinigungen erbracht werden müsse.

Zudem ergebe sich einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs daraus, dass der Zuwendende jedenfalls subsidiär für eine etwaige Schenkungssteuer hafte und die Anzeigepflicht auch diejenigen Spender erfassten, die über mehrere Jahre einer kommunalen Wählervereinigung moderate Spenden zuwendeten. Es sei dabei auch zu berücksichtigen, dass das Spendenaufkommen kommunale Wählervereinigungen insgesamt erheblich niedriger sei als das der politischen Parteien.

Laut Bundesverfassungsgericht gebe es für die Differenzierung zwischen Parteien und kommunalen Wählervereinigungen und ihren Dachverbänden keine tragfähigen verfassungsrechtlichen Gründe. Eine Rechtfertigung der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung könne nicht durch die unterschiedlichen Aufgaben, Tätigkeitsfelder und Finanzbedürfnissen von Parteien und kommunalen Wählervereinigungen erfolgen. Nach Ansicht des Gerichts wäre eine unterschiedliche Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn ein besonderer Finanzbedarf der politischen Parteien festgestellt werden könnte, der nicht schon durch andere staatliche Finanzierungsregelungen abgedeckt wäre und wenn die Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStg beabsichtige, diesen besonderen Finanzbedarf auszugleichen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der besondere finanzielle Mehraufwand, der politische Parteien durch die Wahrnehmung ihrer Aufgaben hätten, würde im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung abgegolten und gerade nicht durch die Steuerfreiheit von Spenden und sonstigen Zuwendungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.

Das Bundesverfassungsgericht stelle weiter fest, dass die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG gerade nicht darauf ausgerichtet sei, besondere zusätzliche finanzielle Belastungen, die sich aus der überörtlichen Tätigkeit von Parteien ergäben, auszugleichen. Freigebige Zuwendungen an Parteien würden durch die Norm von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit, unabhängig davon, ob diese Mittel für überörtliche Aufgaben benötigt oder hierfür eingesetzt würden. Weder knüpfe die den Parteien gewährte Steuererleichterung an konkrete finanzielle Belastungen durch überregionale Aufgaben an noch sei der Höhe nach ein Zusammenhang zwischen möglichem besonderen Aufwand und der ersparten Steuer erkennbar oder intendiert.

Eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlungen könne ebenfalls nicht aus der besonderen Verpflichtungen, die den politischen Parteien im Hinblick auf die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel und ihre Vermögen auferlegt seien, erfolgen. Es sei weder erkennbar, dass das Fehlen entsprechender Regelungen bei den kommunalen Wählervereinigungen zu erheblichen finanziellen Vorteilen geführt habe, noch sei §13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG darauf ausgerichtet, die Unterschiede in der Verpflichtung zu Rechnungslegung auszugleichen.

Die Richter hielten es trotz der Unvereinbarkeit des §13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG mit dem Grundgesetz ausnahmsweise für geboten, für eine Übergangszeit die weiter Anwendbarkeit der Norm anzuordnen und die Steuerbefreiung auf kommunale Wählervereinigungen auszudehnen. Dürfte § 13 Abs. 1 Nr. 18 ErbStG nicht mehr angewendet werden, so würde das für die bisher begünstigten politischen Parteien einen erheblichen Nachteil bedeuten. Nach Ansicht des Gerichts wäre dies unverhältnismäßig angesichts des Umstandes, dass mit einer ersatzlosen Streichung der Steuerbefreiung für politische Parteien zu rechnen sei. Zudem spreche für eine übergangsweise Ausdehnung der Norm auf kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände, dass sich mögliche Steuerausfälle voraussichtlich in Grenzen halten würden.