Globalkalkulation einer Gemeinde kann nicht im Eilverfahren überprüft werden

01.01.2012

Globalkalkulation einer Gemeinde kann nicht im Eilverfahren überprüft werden

Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Beschluss vom 31.01.2008 (Az.: 2 G 3063/07) entschieden, dass im abgabenrechtlichen Eilverfahren wegen Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Ergänzungsbetrag wegen eines Bauprogramms mit Umbau an Abwasser- und Kläranlagen die Globalkalkulation nicht näher überprüft wird. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs kann nicht angeordnet werden, wenn die Zweifel nicht so offensichtlich und eindeutig sind, dass eine andere rechtliche Beurteilung über überhöhte Kosten aufgrund einer Fehlentscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zu erwarten ist.

Ein Grundstückseigentümer wandte sich gegen die Heranziehung zu einer Vorausleistung von Abwasserbeiträgen. Vorausgegangen waren dem Abgabenbescheid Erneuerungs- und Erweiterungsmaßnahmen an der Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde. Unter anderem waren von den Arbeiten die Erschließung von Neubaugebieten und der Umbau einer Kläranlage umfasst. Der Umbau der Kläranlage sollte dabei im Rahmen einer technischen Neuerung ohne den Bau eines Nachklärbeckens auskommen. Die Gemeinde vereinbarte, auf Grund von Bedenken, ob dies technisch überhaupt möglich ist, mit der ausführenden Baufirma, dass diese eine auf drei Jahre befristet Bürgschaft stellen und bei Inbetriebnahme der Anlage vorlegen sollte.

An der Anlage zweigten sich nach Inbetriebnahme Gewährleistungsmängel, die nicht behoben werden konnten. Die Baufirma verweigerte jedoch die Vorlage der Bürgschaft und berief sich auf die Einrede der Verjährung. Die Firma meldete schließlich Insolvenz an. Die Gemeinde legte daraufhin die Kosten, die der nochmalige Umbau der Kläranlage verursachte, im Rahmen der Abwasserbeträge um. Der hiergegen gerichtet Eilantrag des Grundstückseigentümers auf gerichtlichen Rechtsschutz blieb jedoch erfolglos. Das Vorbringen des Grundstückseigentümers, der den erneuten Umbau der Kläranlage auf eine Amtspflichtverletzung zurückführt und die Mehrkosten für nicht umlagefähig hält, ist nach Ansicht des Gerichts im gerichtlichen Eilverfahren nicht zu überprüfen. Der Grundstückseigentümer greift damit die Globalkalkulation der Gemeinde an, die nicht zum Gegenstand eines abgabenrechtlichen Eilverfahrens auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemacht werden kann.

Nur, wenn die Zweifel so offensichtlich und eindeutig sind, dass eine andere rechtliche Beurteilung im Hauptsacheverfahren nicht zu erwarten ist, bestehe die Möglichkeit einer Ausnahme. Das Gericht hält die damalige Entscheidung der Gemeinde, den Umbau der Kläranlage ohne Nachklärbecken zu planen, zunächst für vertretbar. Zwar hält das Gericht fest, dass die Modalitäten des zwischen der Gemeinde und der Baufirma vereinbarten Bauvertrages nicht den Empfehlungen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes entsprach. Jedoch könnten auch die Vertragsmodalitäten im Rahmen des Eilverfahrens nicht umfassend überprüften werden.

Zu dem in der Entwässerungssatzung der Gemeinde vorgesehenen Verteilungsmaßstab äußerte sich das Gericht wie folgt. Unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz und dem daraus abzuleitenden "Vorteilsprinzip" ist klarzustellen, dass die unterschiedliche Intensität der Anlagennutzung und die daraus erzielten Vorteile bei der Berechnung und Umlage der Abwasserkosten zu berücksichtigen sind. Die Gemeine orientierte sich vorliegend an dem so genannten Vollgeschossmaßstab, wonach der umlagefähige Aufwand auf die erschlossenen Grundstücke in dem Verhältnis verteilt wird, in dem die mit einem Nutzungsfaktor vervielfältigten Grundstücksflächen zu einander stehen. Grundsätzlich hält das Gericht die den Vollgeschossmaßstab für zulässig, auch wenn die Anwendung eines Verteilungsmaßstabs, der auf die zulässige Geschossfläche abstellt, genauer erscheint.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht