Verträge zwischen gesetzlichen Krankenkassen und Pharmaunternehmen unterliegen dem Vergaberecht

01.01.2012

Verträge zwischen gesetzlichen Krankenkassen und Pharmaunternehmen unterliegen dem Vergaberecht

Mit mehreren Beschlüssen vom 18. und 19.12.2007 (Az.: VII-Verg 44/07 ? 47/07 und VII-Verg 48/07 ? 51/07) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass Verträge zwischen gesetzlichen Krankenkassen und Pharmaunternehmen über die Gewährung von Preisnachlässen auf bestimmte Medikamente dem Vergaberecht unterliegen. In einer vorläufigen Bewertung wurden die Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber und die Rabattvereinbarungen als Lieferaufträge eingestuft. Vor einer Sachentscheidung wird allerdings eine ausstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu diesem Themenkomplex abzuwarten sein.

Die Krankenkassen haben durch § 130 Abs. 8 SGB V die Möglichkeit mit Pharma-Unternehmen vertraglich Rabatte auf deren Arzneimittel zu vereinbaren. Im Allgemeinen sind Apotheken gehalten, bei der Verschreibung von Wirkstoffen Medikament derjenigen Unternehmen abzugeben, mit denen die jeweilige Krankenkasse einen derartigen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Im entschiedenen Fall geht es um mehrer Ausschreibungen der AOK für solche Rabattverträge. Fehler im Vergabeverfahren wurden von einer Reihe unterlegener Anbieter gerügt. In einigen Fällen erhoben die Unternehmen, in anderen die AOK Beschwerden gegen die von den damit befassten Vergabekammern getroffenen Entscheidungen.

Das Oberlandesgericht machte deutlich, dass es die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Frage des Verhältnisses zwischen dem öffentlichen Krankenkassenrecht und dem Vergaberecht abwarten will. Die Vergabekammer erklärte sich gleichwohl für zuständig. Es wurde jedoch offen gelassen, ob tatsächlich Fehler im Vergabeverfahren gemacht wurden. Die Richter verwiesen dabei zum einen auf die Regelung des § 116 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Danach ist allein der Vergabesenat für Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern zuständig. Die Zuständigkeit werde in jedem Fall nicht davon beeinträchtigt, ob die Vergabekammer im Einzelfall zu Recht oder zu Unrecht von einem vergabepflichtigen Auftrag ausgegangen sei.

Zur Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Vergaberechts äußerten sich die Richter ebenfalls. Da die Allgemeinen Ortskrankenkassen zum einen mittelbar über die Krankenversicherungsbeiträge vom Bund finanziert und zum anderen von den Ländern beaufsichtigt würden, handele es bei ihnen um öffentliche Auftraggeber. Die Rabattverträge stellten auch Lieferaufträge dar. Die Pharmaunternehmen hätten nach dem vorgesehenen Vertragstext ihre Lieferfähigkeit gewährleisten müssen, und der Preis für diese Lieferungen sei zumindest mittelbar auch festgelegt worden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht