§ 5 Abs. 2 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz ist nichtig

01.01.2012

§ 5 Abs. 2 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz ist nichtig

Mit Beschluss vom 20.03.2007 (Az.: 2 BvL 11/04) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz nichtig ist. Diese besagte, dass sich die Versorgungsbezüge eines Beamten, der in den Ruhestand tritt, nach der derzeitigen Gesetzeslage nur dann nach seinen letzten Dienstbezügen richten, wenn er das letzte Amt mindestens drei Jahre innegehabt hat. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Regelung verfassungswidrig, da der vom Gesetzgeber gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtende Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt eine Verlängerung der Wartefrist auf mehr als zwei Jahre nicht zulasse.

Grundsätzlich gilt nach § 5 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz, dass die Dienstbezüge, die dem Beamten zuletzt zugestanden haben, ruhegehaltfähig sind. Durch § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG wurde diese Anknüpfung an das letzte Gehalt eingeschränkt. Tritt der Beamte aus einem Beförderungsamt in den Ruhestand und hat er die Bezüge aus diesem Amt nicht mindestens drei Jahre erhalten, berechnen sich die Versorgungsbezüge nur nach Maßgabe der Bezüge des vorher bekleideten Amts. Die ursprüngliche Wartezeit von einem Jahr war zunächst 1975 auf zwei Jahre erweitert worden, was vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 1982 (Az.: 2 BvL 14/78 u.a.) auch als verfassungsgemäß erachtet wurde. Schließlich wurde 1998 die Wartezeit im Hinblick auf die Finanzlage der öffentlichen Haushalte und deren ansteigende Belastung durch Versorgungskosten nochmals auf drei Jahre verlängert.

Zugrunde lag hierbei der Fall eines Richters, der im November 2001 zum Direktor des Amtsgerichts (Besoldungsgruppe R 2) ernannt und im Januar 2004 pensioniert worden war. Bei der Berechnung seiner Versorgungsbezüge hatte das Landesbesoldungsamt auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG die Besoldungsgruppe R 1 zugrunde gelegt.
Das Bundesverfassungsgericht verwies in seinem Beschluss auf die vom Gesetzgeber zu beachtenden hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Demnach sei das Ruhegehalt unter Wahrung des Leistungsprinzips und Anerkennung aller Beförderung aus dem letzten Amt zu berechnen. Die in einer Beförderung liegende Anerkennung sei nicht auf die Zeit beschränkt, in der sich der Beamte im Dienst befinde, sondern müsse sich auch auf sein Ruhegehalt auswirken. Eine uneingeschränkte Geltung dieses Grundsatzes läge jedoch nicht vor. Ein Mindestmaß an nachhaltiger, diesem Amt entsprechender Dienstleistung sei Voraussetzung der Versorgung nach Maßgabe des letzten Amtes.

Insbesondere vor diesem Hintergrund sei eine Ausdehnung der Wartefrist auf drei Jahre nicht mit Art. 33 Abs. 5 GG zu vereinen. Hier läge keine Modifizierung des Grundsatzes der amtsgemäßen Versorgung mehr vor, sondern vielmehr eine grundlegende Veränderung. Im Hinblick auf die Verhinderung von Gefälligkeitsbeförderungen und dem Umstand Rechnung tragend, dass eine allzu kurze Dienstzeit dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten nicht mehr die Möglichkeit biete, eine hinreichende Leistung im Beförderungsamt zu erbringen, war eine Erstreckung der Frist auf zwei Jahre gerade noch tragbar. Die darüber hinausgehende Ausdehnung könne nicht mehr gerechtfertige werden, da dem Beamten aufgrund hergebrachter Strukturprinzipien die Versorgung aus dem letzten Amt verfassungsrechtlich gewährleistet sei.

Auch könne die Erstreckung der Wartefrist auf drei Jahre nicht auf die Absicht der Gewährleistung einer effektiven Wahrnehmung des Beförderungsamtes gestützt werden. Laut Bundesverfassungsgericht ergibt sich aus einer Vielzahl bundes- und landesrechtlicher Bestimmungen, dass im Beamtenrecht grundsätzlich bereits nach einer erheblich kürzeren Zeit als drei Jahren von einer Bewährung des Beamten in einem höherwertigen Amt ausgegangen werden kann. Diesen Vorschriften liege erkennbar die Einschätzung zugrund, dass auch eine Tätigkeit von weniger als drei Jahren vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dem Beamten noch ausreichend Möglichkeit gebe, das höhere Amt und die damit verbundenen Aufgaben effektiv und zum Nutzen seines Dienstherren wahrzunehmen.

Als nicht geeignet, die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre zu rechtfertigen, erachtete das Bundesverfassungsgericht die im Gesetzgebungsverfahren sowie in der Stellungnahme der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte der allgemeinen Haushaltslage, der Symmetrie von Dienst- und Versorgungszeiten sowie der Änderungen im System der gesetzlichen Rentenversicherungen. Die Kürzung der Alimentierung wäre dem uneingeschränkten Zugriff des Gesetzgebers eröffnet, wenn bereits die finanzielle Situation der öffentlichen Hand eine solche rechtfertigen könnte. Die Richter stellten klar, dass die vom Dienstherrn geschuldete Alimentierung keine dem Umfang nach beliebig variable Größe sei, die sich einfach nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand, nach politischen Dringlichkeitsbewertungen oder nach dem Umfang der Bemühungen um die Verwirklichung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips bemessen lasse.

Eine Rechtfertigung der Verlängerung der Wartefrist könne auch nicht mit dem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartungen erfolgen. Maßgeblich für die Höhe der Versorgungsbezüge sei nach der Systematik des Beamtenversorgungsrechts nicht die Dauer der Versorgungszeit, sondern diejenige der Tätigkeit im aktiven Dienst. Schließlich könne die dreijährige Wartefrist nicht auf die Absicht des Versorgungsgesetzes 1998 gestützt werden, rentenrechtliche Änderungen auf die Beamtenversorgung zu übertragen. Vorliegend sei die Verlängerung der Wartefrist schon deshalb nicht durch etwaige sozialversicherungsrechtliche Änderungen gerechtfertigt, da die Karenzzeit im Rentenrecht keine Entsprechung finde. Dort werde das Einkommen auch in den letzten beiden Jahren vor dem Erreichen der Altersgrenze uneingeschränkt berücksichtigt.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht