Zweitwohnungssteuer in Bayern rechtmäßig

01.01.2012

Zweitwohnungssteuer in Bayern rechtmäßig

In zwei Urteilen vom 04.04.2006 hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München (4 N 04.2798; 4 N 05.2249) die Rechtmäßigkeit der Zweitwohnungsteuersatzungen der Stadt Tegernsee und der Gemeinde Aschau bestätigt. Nach Auffassung des VGH sind bayerische Gemeinden grundsätzlich berechtigt, auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes (KAG) Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer zu erlassen.

Seit 1989 ist es den bayerischen Gemeinden gesetzlich verboten gewesen, eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung zu erheben. Mit der Aufhebung dieses Verbots im Sommer 2004 hat der Landesgesetzgeber angesichts leerer kommunaler Kassen den Gemeinden eine weitere Einnahmequelle erschließen wollen. Das Gericht betonte jetzt, dass es diese politische Entscheidung nicht zu bewerten habe. Ihm komme im Normenkontrollverfahren allein die Prüfung zu, ob die beiden angegriffenen Satzungen mit höherrangigem Recht zu vereinbaren seien. Hieran bestehe kein Zweifel.

Die bayerischen Gemeinden seien nach den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes und den landesrechtlichen Vorschriften grundsätzlich berechtigt, eine Zweitwohnungsteuer zu erheben. Die Rechtslage stelle sich damit nicht anders dar als etwa in den Ländern Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein. Hier würden Eigentümer und Mieter von Zweitwohnungen - durch die Rechtsprechung bestätigt - seit über 30 Jahren zur Steuer herangezogen. Anknüpfungspunkt für diese Steuer sei der besondere finanzielle Aufwand, den der Steuerpflichtige betreibe, indem er neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung für seine persönliche Lebensführung nutze bzw. zur eigenen Nutzung vorhalte. Die dauerhafte Vermietung von Zweitwohnungen (als reine Kapitalanlage) falle demgegenüber nicht unter die Zweitwohnungsteuer.

Auch die konkrete Ausgestaltung der in Frage stehenden Satzungen beanstandete der VGH nicht. Gemeinden komme beim Erlass derartiger Satzungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dies gelte umso mehr, als der Gesetzgeber darauf verzichtet habe, ihnen konkrete Vorgaben etwa zum Steuermaßstab und zum Steuersatz zu machen. Auch habe der Gesetzgeber - zulässiger Weise - keinen Genehmigungsvorbehalt für die gemeindlichen Satzungen vorgesehen. Die Stadt Tegernsee und die Gemeinde Aschau hätten sich mit ihren Satzungen innerhalb des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt. Das Anknüpfen der Steuer an die Jahresnettokaltmiete - einer von mehreren möglichen Steuermaßstäben - und deren Schätzung durch die Gemeinde bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen bezeichneten die Richter als unbedenklich: Dieser Maßstab lasse Rückschlüsse auf den Aufwand zu, der mit der Steuer erfasst werden solle.

Auch die von den Gemeinden gewählte Staffelung der Steuersätze in sieben Stufen, die eine Jahressteuer von 110 Euro bis zu 7.200 Euro umfasse, halte sich im vorgegebenen rechtlichen Rahmen. Zwar führe bei diesem System ein nur geringfügiges Überschreiten einer Stufe zur Verdoppelung der Steuer, was von den Betroffenen verständlicherweise als ungerecht empfunden werde. Insoweit sei jedoch zu berücksichtigen, dass gerade bei einer pauschalierenden Regelung in den "Grenzbereichen" unvermeidliche Härten aufträten. Diese seien deswegen aber noch nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar. Es gelte hierfür nichts anderes als etwa bei Stichtagsregelungen oder Grenzwerten. Entscheide sich der Satzungsgeber zulässigerweise aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung dafür, den Aufwand für Zweitwohnungen zu schätzen, sei es nicht zu beanstanden, beim Steuersatz - pauschal - Gruppen zu bilden. Damit würden im Rahmen der Veranlagung Unschärfen bei der "centgenauen" Ermittlung der Jahresnettokaltmiete abgemildert. Dem kommunalen Satzungsgeber stehe es grundsätzlich frei, die Zahl der Staffelungen zu erhöhen - aber auch zu verringern - ebenso wie er sich für einen degressiven Tarif hätte entscheiden können. Rechtlich verpflichtet sei er dazu jedoch nicht.

Der Höchststeuersatz von 7.200 Euro erschien den Richtern des absolut gesehen sehr hoch. Jedoch sei er mit dem ebenfalls sehr hohen jährlichen Mietaufwand von mehr als 40.000 Euro in Relation zu setzen. Wer zum Zweck der persönlichen Lebensführung bereit und in der Lage sei, einen derartigen Aufwand zu betreiben, sei finanziell besonders leistungsfähig. Es könne daher ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass die Zweitwohnungsteuer in diesen, in der Praxis ohnehin sehr seltenen Fällen, konfiskatorisch wirke und das Eigentumsgrundrecht verletze. Abschließend wies das Gericht darauf hin, dass er im Rahmen seiner Normenkontrollentscheidungen nur die abstrakt-generellen Regelungen der Gemeinden Tegernsee und Aschau als rechtlich unbedenklich eingestuft habe. Damit sei aber noch nicht abschließend entschieden, ob die Erhebung der Zweitwohnungsteuer in jedem Einzelfall rechtmäßig sei. Die Revision gegen die beiden Urteile ließ der Gerichtshof nicht zu. Die Kläger haben damit jetzt nur noch die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Zur Rechtmäßigkeit der Erhebung von Zweitwohnungssteuern siehe auch die in unserem Newsletter 12/2005 besprochene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG: Zweitwohnungssteuer für berufsbedingte Nebenwohnung eines Verheirateten ist verfassungswidrig; Beschlüsse vom 11.10.2005, 1 BvR 1232/00 und 1 BvR 2627/03).

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht