Festsetzung einer Maximalhöhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan in Gestalt einer Hauptgesimshöhe ist zu unbestimmt

01.01.2012

Festsetzung einer Maximalhöhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan in Gestalt einer Hauptgesimshöhe ist zu unbestimmt

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat in einem Beschluss vom 20.02.2006 (10 B 1490/05) entschieden, dass die Festsetzung einer maximalen Hauptgesimshöhe in einem Bebauungsplan zu unbestimmt ist, weil sich dieser Festsetzung kein eindeutiger Regelungsgehalt entnehmen lässt.

Im Streit war das Vorhaben des Beigeladenen, welches im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans des Antragsgegners Nr. 5278/42 lag. Ausweislich dieses Bebauungsplans besteht für das Baugrundstück neben der zeichnerischen Festsetzung von Baugrenzen unter anderem die Festsetzung "Hauptgesimshöhe maximal 36,5 m über NN" bei einer nachrichtlich angegebenen durchschnittlichen Geländehöhe von 33 m über NN. Diese Festsetzung einer maximalen Hauptgesimshöhe in dem Bebauungsplan Nr. 5278/42 ist nach Ansicht des OVG unbestimmt, weil sich ihr auch unter Einbeziehung der Planbegründung und der Planaufstellungsvorgänge ein eindeutiger Regelungsgehalt nicht entnehmen lässt. Dem vom Plangeber verwendeten Begriff der Hauptgesimshöhe kann ein handhabbarer Normgehalt nicht entnommen werden. Unklar sei bereits, ob mit dem Begriff an den bauordnungsrechtlichen Begriff des "Gesimses" oder - wie das Verwaltungsgericht in erster Instanz ohne weiteres angenommen hat - an bautechnische, architektur- oder baustilkundliche Begrifflichkeiten angeknüpft werden soll.

Ein Gesims im Sinne des Landesbaurechts ist ein Sonderfall eines vor die Außenwand vortretenden Bauteils. Demgegenüber wird mit einem Gesims als baustilkundlichem bzw. architekturkundlichem Begriff ein architektonisches Element zur horizontalen Gliederung eines Baukörpers verstanden, das häufig, möglicherweise aber nicht notwendig, profiliert ist. In diesem Zusammenhang ist der Begriff des Haupt- oder Dachgesimses allerdings in mehrfacher Hinsicht nicht eindeutig, wie die von dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten in das Verfahren eingeführten Begriffsbestimmungen zeigen. Insbesondere lässt sich - so das OVG - der von den Beteiligten eingeführten und der vom OVG ergänzend herangezogenen Literatur über die bautechnische und baustilkundliche Fachsprache zwar möglicherweise entnehmen, dass das Vorhandensein weiterer Bauteile oberhalb des Hauptgesimses, etwa einer Attika oder eines Attikageschosses, begrifflich ohne weiteres möglich ist. Unklar ist indes, ob dies auch für Teile des Gebäudes wie ein Staffelgeschoss gilt, die ihrerseits mit einem Dach abschließen, so dass sich die Frage stellt, ob ein derartiges Gebäude möglicherweise über mehrere Hauptgesimse verfügt. Unklar und für den vorliegenden Fall entscheidend bleibe bei der Verwendung des Begriffs "Hauptgesimshöhe" nach alledem nicht nur, ob der Begriff der Rechtssprache oder einer technischen Fachsprache entnommen ist, sondern auch seine genaue Bedeutung im letztgenannten Fall. Hinzu komme, dass dem Begriff möglicherweise eine Regelungskraft für den nahe liegenden Fall vollkommen fehle, dass ein Gebäude im Plangebiet ohne jegliches "Gesims" errichtet wird, also beispielsweise mit vollständig verputzten und in keiner Weise untergliederten Außenwänden. Auch dies bestätige die Annahme, dass die betroffene Festsetzung unbestimmt ist.

Auch wenn der Plangeber Begriffe der Fachsprache verwenden dürfe, so müssten diese doch eindeutig als solche erkennbar sein und einen zweifelsfrei bestimmbaren Inhalt haben. Daran fehle es hier, auch wenn viel dafür sprechen möge, dass der Plangeber eine Festsetzung der höchstzulässigen Gebäudehöhe auf 36,5 m über NN erreichen und diese auch nachbarschützend ausgestalten wollte. Denn nach der Planbegründung sollten "mit Rücksicht auf die Nachbarn die äußeren Abmessungen der Häuser durch Festsetzung des Flachdaches und der Bauhöhe beschränkt" werden. Dennoch ließen sich durch den Rückgriff auf die Planbegründung die genannten Unklarheiten nicht vollständig beseitigen; insbesondere bleibe offen, ob und in welchem Umfang oberhalb des Hauptgesimses der eigentliche Dachaufbau des Flachdachs oder untergeordnete Dachaufbauten angeordnet sein dürfen. Die begrifflichen Grenzen der Festsetzung wären jedenfalls überschritten, wenn sie als gleichbedeutend mit der absoluten Gebäudehöhe - also der Oberkante der Dachfläche verstanden würde. Denn mit dieser - vom Plangeber möglicherweise angestrebten - Auslegung wären die Grenzen des in der Festsetzung verwendeten Wortlauts jedenfalls verlassen; dies gelte schon deshalb, weil dem Plangeber für das so definierte Regelungsziel einfache und gebräuchliche Formulierungen für eine eindeutige Festsetzung zur Verfügung gestanden hätten.